Mittwoch, 20. Januar 2010

Ken Follet EISFIEBER: Interview


Eisfieber


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Interview zu Eisfieber von Ken Follet
 

Ken Follett, wovon handelt Ihr neuer Thriller „Eisfieber“?
Die Geschichte handelt davon, dass eine Gruppe Krimineller den Entschluss fasst, ein sehr gefährliches Virus aus einem Hochsicherheitslabor zu stehlen, mit der Absicht, es an eine Terroristenzelle zu verkaufen. Trotz der ausgefeilten Sicherheitsvorkehrungen gelingt der Diebstahl, doch bei ihrer Flucht geraten die Räuber in einen Schneesturm. Sie sind gezwungen, ihren Wagen aufzugeben und Zuflucht in einem abgelegenen Anwesen an der Küste Schottlands zu suchen, wo eine große Familie Weihnachten feiert.

Was hat Sie auf die Idee zu „Eisfieber“ gebracht?
Das ist eine der Ideen, die im Moment nahe liegen. Jeder weiß aus Zeitungen, Zeitschriften und dem Fernsehen, dass es viele hochgefährliche Viren um uns herum gibt. Das ist genau der Stoff, auf den sich Thrillerautoren stürzen. Wenn etwas gefährlich ist, wird es für einen Thriller interessant.

Werfen wir einen Blick hinter die Kulissen. Wovon lassen Sie sich bei der Konzeption Ihrer Figuren leiten? Entspringt zum Beispiel Ihre Heldin Toni vollkommen Ihrer Phantasie oder haben Sie auch Anleihen bei einer realen Person genommen?
Nein, die meisten meiner Figuren sind reine Fiktion. In einem Thriller und einem Großteil der Unterhaltungsliteratur ist es die Handlung, die den Leser durch das Buch vorantreibt. Die Geschichte ist die Hauptsache. Die Personen werden gewöhnlich danach entworfen, sich in die Handlung einzufügen, die der Autor im Kopf hat. Toni entspricht dem Helden der meisten Thriller. Sie ist mutig, einfallsreich, stark und attraktiv. Sie ist aber auch verletzbar wie die meisten Helden. Doch man kann nicht wirklich einen Thriller mit einem anderen Heldentypus schreiben - wenn man einen ängstlichen, vorsichtigen Helden hätte, der nie in Schwierigkeiten kommt, gäbe das keine Geschichte.

Wie würden Sie die Gruppe der Räuber charakterisieren?
Es gibt unter den Dieben drei Hauptpersonen, die sich aber deutlich voneinander abgrenzen. Die Schlüsselfigur ist Kit, ein Familienmitglied, der sich entschließt, seine Familie zu verraten und den Räubern zu helfen. Er ist offensichtlich eine komplexe und schwierige Persönlichkeit. Die anderen Diebe sind hauptsächlich angelegt, Furcht einzuflößen. Ich wusste von Beginn an, dass einer von ihnen eine Art Angst erweckender Schläger sein müsste.
Anfangs dachte ich an eine ziemliche Standardfigur, einen großen hässlichen Mann mit einem rasierten Kopf. Als ich weiter über die Geschichte nachdachte, dämmerte mir, dass diese Person zu langweilig und vorhersehbar, zu nahe liegend sei. Ich tat etwas, was ich häufig mache, wenn so etwas passiert, ich verwandelte ihn in eine Frau. Ich entwickelte eine Figur mit der gleichen Charakteristik, eine große hässliche Frau mit einem rasierten Kopf und machte sie zu dem Schrecken auslösenden Schurken. Sie trägt den Namen Daisy, einen ironischen Spitznamen. Interessanterweise hat sie sich als die Figur des Romans herausgestellt, auf die die meisten Menschen reagieren und mich ansprechen.

Sie beschreiben in „Eisfieber“ ein Schreckensszenario: Kriminellen gelingt es, ein todbringendes Virus zu entwenden.
Was Angst macht, ist die Erkenntnis, dass dies tatsächlich passieren könnte und noch nicht einmal besonders schwierig wäre. Diese Viren existieren. Wir müssen solche Viren in Forschungsinstituten halten, weil wir nach Impfstoffen, Gegenmitteln suchen müssen, nach Methoden, ihnen zu begegnen, wenn Menschen sich infiziert haben. Zu diesen Experimenten gibt es keine Alternative. Aber wenn sie einmal da sind und in Laboren aufbewahrt werden, dann ist es für jemanden möglich, sie zu stehlen. Tatsächlich ist der Diebstahl eines derartigen Virus aus einem Hochsicherheitslabor irgendwo in Europa oder Nordamerika vermutlich der schwierigste Weg, es sich anzueignen. Es wäre wahrscheinlich ein gutes Stück leichter, sich eine Probe eines gefährlichen Virus in einem Land der dritten Welt zu besorgen, aus einem Krankenhaus, in dem die Sicherheit nicht sehr streng ist. Besorgniserregenderweise ist das Szenario aus „Eisfieber“ viel zu gut möglich.

Wie haben Sie für „Eisfieber“ recherchiert?
Mir ist sehr bald klar geworden, dass ich ein Hochsicherheitslabor besuchen musste, in dem Wissenschaftler mit gefährlichen Viren experimentieren. Ich konnte ein solches Institut im kanadischen Winnipeg besichtigen. Dort durfte ich auch die spezielle Schutzkleidung anlegen, die die Forscher während der Experimente tragen. Das Outfit dieser Kleidung ähnelt sehr dem des Raumanzuges eines Astronauten. Ich habe außerdem drei Sicherheitsexperten hier in London konsultiert und ihnen allen die gleichen zwei Frage gestellt. Die erste Frage lautete, wie sie ein Hochsicherheitslabor mit solchen Viren schützen würden? Nachdem sie mir das erklärt hatten, meinte ich, nun, wenn sie ein Dieb wären, der versucht einzubrechen, wie würden sie die Sicherheitsmaßnahmen überwinden, die sie eingerichtet hatten? Weil sie das Sicherheitssystem entwickelt hatten, konnten sie sich natürlich Wege ausdenken, es zu knacken und durchzukommen. Deshalb ist die Beschreibung der verschiedenen Sicherheitssysteme und wie man sie überlistet so authentisch wie möglich.

Haben Sie sich bei Ihrem Aufenthalt im Hochsicherheitsbereich des Labors ein wenig wie in einem Paralleluniversum gefühlt?
So kann man es gut ausdrücken. Man tritt durch eine Luftschleuse und scheint in einer anderen Welt zu sein. Mit der richtigen Welt kann man nur noch indirekt per Telefon, Fax oder Email in Kontakt treten. Und natürlich haben die Menschen, die sich im Paralleluniversum bewegen, einen gespenstischen Look, weil sie alle Raumanzüge tragen. Das ist eine gute Analogie.

Sie haben über neunzig Millionen Bücher weltweit verkauft. Sie könnten sich doch einfach zurücklehnen und Ihr Leben genießen. Was treibt Sie an, immer wieder das nächste Buch zu beginnen?
Ich genieße das Leben in der Tat. Ich würde es weniger genießen, wenn ich aufhörte zu schreiben. Es ist eines der am meisten befriedigenden Dinge auf der Welt, eine Arbeit zu haben, in der man gut ist und etwas macht, das Menschen eine enormes Maß an Vergnügen bereitet und dafür gut entlohnt zu werden. Es kommt mir wirklich nie in den Sinn, meine Arbeit einzustellen. Ich habe an ihr zu viel Spaß und Freude.

Haben Sie am Beginn Ihrer Karriere jemals daran gedacht, einen Bestseller zu landen?
Als ich anfing, wollte ich wirklich einen Bestseller schreiben. Ich wollte ein großes Publikum. Ich war nie der Typ Autor, der für eine kleine Gruppe Menschen mit vornehmem Geschmack schreibt, die eine winzige Minderheit bleiben wird, die seine Arbeit schätzt. Das war nie mein Szenario. Ich wollte etwas schreiben, was zig Millionen Menschen gefällt. Diese Art Erfolg hatte ich immer im Kopf. Davon habe ich geträumt und das habe ich mir zum Ziel gesetzt. Ich muss sagen, dass es inzwischen wirklich über alles hinausgegangen ist, wovon ich vor 35 Jahren zu träumen gewohnt war, unmittelbar bevor ich begonnen habe. Dieses Ausmaß an internationalem Erfolg habe ich mir nie ausgemalt. Es ist immer noch ziemlich verwunderlich für mich und der Gedanke daran verblüfft mich beinahe, dass in all diesen Ländern, von denen mir einige richtig fremd sind wie Brasilien, Taiwan, Kroatien, Israel, an Orten, die ich nie besucht habe, Tausende und Abertausende Menschen sitzen und die Geschichten lesen, die ich mir in meinem Kopf ausgedacht habe. Das erscheint mir immer noch seltsam.

Worin liegt der Ursprung Ihrer Begeisterung für Bücher und das Schreiben?
Ich habe immer viel gelesen. Ich habe lesen gelernt, bevor ich in die Schule ging. Ich konnte bereits mit vier lesen. Es war mein Leben lang die Sache, die mir enormes Vergnügen bereitete. Seit meiner sehr frühen Kindheit liebte ich das Lesen. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Mein Schreiben geht darauf zurück. Und das trifft wahrscheinlich auf alle Schriftsteller zu. Was mich daran begeistert, ist es transportiert zu werden, aus der normalen alltäglichen Welt in eine Welt der Phantasie geführt zu werden. Diese Welt ist exotisch, interessant und anders als die meines Alltags, in dem ich lebe. Diese Erfahrung macht mir Vergnügen und darin gründet meine Leidenschaft für Bücher. Wenn ich schreibe, will ich diese Erfahrung an die Leser weitergeben, diese wunderbare Sensation, die reale Welt zurückzulassen und in eine Phantasiewelt aufzubrechen.

Was sind die größten Vorteile und Nachteile - falls es überhaupt welche gibt - Ihres Lebens als internationaler Star der Buchszene?
Es ist immer angenehm, gut bezahlt zu werden. Das ist ein großer Vorteil, wenn nicht der größte Vorteil. Außerdem ist es sehr befriedigend, sich eine Geschichte auszudenken und festzustellen, dass Millionen Menschen sie mögen und mir schreiben und Emails schicken, dass sie großartig war und wie schnell ich die nächste schreiben könnte. Das alles finde ich zutiefst befriedigend. Nachteile – es gibt nicht wirklich viele davon. Es ist nicht wie Teil der Beatles zu sein oder so etwas und nicht mehr auf die Straße gehen zu können, ohne dass die Leute dich belästigen. Das passiert mir nicht, weil die Menschen gewöhnlich Schriftsteller auf der Straße nicht erkennen. Es gibt also keine große Störung meiner Privatsphäre. Mir fällt es wirklich schwer, einen Nachteil zu erkennen.

Was machen Sie in Ihrer Freizeit?
Ich interessiere mich für Musik. Ich bin in einer Bluesband und spiele Bass.
So verbringe ich jede Montagnacht mit Bandproben. Fünf bis sechs Mal im Jahr treten wir bei Hochzeiten oder Wohltätigkeitsbällen auf. Ich mag das Theater sehr gerne und besonders Shakespeare. Ungefähr einmal in der Woche schaue ich mir etwas im Theater an. Den Großteil meiner Freizeit verwende ich für das Lesen. Das mag ein wenig zu nahe zu meiner Arbeit klingen - aber das genieße ich am meisten.

Sie sind sehr stark sozial engagiert. Wofür setzen Sie sich im Besonderen ein?
Ich engagiere mich in mehreren Literatur-Wohltätigkeitsorganisationen. Vor allem für einen Schriftsteller scheint das eine nahe liegende Aufgabe zu sein. Außerdem bin ich Präsident des Legasthenie Instituts, zum Teil aus dem Grund, weil einige der Kinder aus meiner Familie Legastheniker sind. Weil ich gesehen habe, wie sehr sie sich in ihrer Kindheit angestrengt haben, lesen und schreiben zu lernen, habe ich natürlich ein Mitgefühl für Menschen entwickelt, die unter dieser besonderen Schwierigkeit leiden. Unnötig zu erwähnen, dass ich es für eine Tragödie halte, wenn jemand nicht mühelos lesen und schreiben kann. Ich unterstütze das Legasthenie Institut und wir lehren Tausende Kinder und Erwachsene im Jahr zu lesen. Ich bin außerdem Vorsitzender einer Vereinigung mit dem Namen: Lesen ist fundamental. Sie verteilt kostenlose Bücher an Kinder aus benachteiligten Familien. Dass Kinder ein Buch besitzen, welches ihnen tatsächlich gehört, hat sich als eine sehr gute Motivation erwiesen, ihnen Mut zu machen, lesen zu lernen. Unser Verein organisiert Veranstaltungen in Bürgerhäusern und Gemeindezentren, zu denen Kinder eingeladen werden. Dort tritt ein Geschichtenerzähler oder Dichter auf. Zum Schluss können die Kinder ein kostenloses Buch auswählen, das sie mit nach Hause nehmen. Es ist interessant, wie aufregend das für die Kinder ist. Und es funktioniert. Es ermutigt sie, lesen zu lernen.

Als Bestsellerautor haben Sie einen vollen Terminkalender. Ihnen und Ihrer Frau Barbara, die für die Labour Partei als Abgeordnete im britischen Unterhaus sitzt und sicherlich häufig von Termin zu Termin eilt, fällt es doch bestimmt nicht immer leicht, gemeinsam Zeit für die Familie zu finden.
Das stimmt. Wir sind beide sehr beschäftigt. Es gelingt uns trotzdem, viel Zeit zu finden, um sie mit der Familie zu verbringen, vor allem an den Wochenenden. Ich bin geschäftlich ungefähr acht Wochen im Jahr unterwegs. Obwohl Barbara nicht viel reist, hat sie aufgrund ihrer politischen Arbeit oft an den Abenden zu tun. Aber irgendwie schaffen wir es, alle unsere Kinder und Enkel ziemlich häufig zu sehen. Unser Leben ist sehr voll, aber wir mögen es so.

Können Sie schon etwas über Ihr nächstes Projekt verraten?
Ich arbeite an einem Roman mit dem Titel “World without End“. Es ist ein Sequel zu „Die Säulen der Erde“, meinem populärsten Buch. Es spielt in der gleichen Stadt, in Kingsbridge, aber zwei hundert Jahre später im vierzehnten Jahrhundert. Die Figuren sind die Nachfahren der Personen aus „Die Säulen der Erde“. Es wird ein langes Buch werden wie „Die Säulen der Erde“. Ich habe geplant, mir drei Jahre Zeit zu nehmen, um es zu schreiben. Ich arbeite gerade seit gut einem Jahr daran, so dass ich ungefähr zwei weitere Jahre zu tun haben werde.


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